Ist tubeless am Rennrad geil?

Genauso wie bei den Scheibenbremsen, kamen auch Tubeless-Reifen mit vielen Jahren Verzögerung bei Rennrädern an und ich muss gestehen, dass ich mich lange darum gedrückt habe, schließlich ist der (Material-)Aufwand beträchtlich:

  • Tubelessfähige Felgen
  • Tubeless-Reifen
  • Dichtmilch
  • Pumpe, Kompressor oder Kartusche, die schnell viel Luft liefern
  • Und für die Fahrt dann Handschuhe und trotzdem ein Ersatzschlauch für den Fall der Fälle

Reifen aufziehen

Meine ersten Gehversuche mit Tubeless machte ich mit ZIPP-Felgen und Vittoria Corsa Speed G2.0 TLR Reifen. Ich schritt ohne weitere Vorkenntnisse also zur Tat und scheiterte schon am Setzen und Aufpumpen des Reifens. Die Vittorias sind derart weich und bringen so wenig Spannung ans Felgenhorn, dass die aus der Tubeless-Pumpe einschießende Luft an diversen Stellen direkt wieder entwich. Abhilfe schaffte das Andrücken der Reifen mit einem Spanngurt. 30ml Dichtmilch rein, aufpumpen und gut verschütteln, aber das Drama ging weiter: Beide Reifen verloren gut 0,2 bar pro Stunde. Für ein längeres Rennen nicht zu gebrauchen, weil all die beim Rollwiderstand des Reifens eingesparten Watt früher oder später für die Walkarbeit draufgehen würden.

Testfahrt

Ich bin trotzdem so zu einer Testfahrt aufgebrochen, während deres es leider anfing zu regnen. Dass etwas nicht stimmt, war klar als von hinten ein Zischen zu hören war. Das erste Loch hatte die Dichtmilch aber noch verschließen können. Kurz darauf mussten wir leider etwas Schotter passieren und da half dann auch die Dichtmilch nicht mehr… diesmal war das Vorderrad dran und komplett platt. Zugegebenermaßen alles andere als ideale Bedingungen für einen ausgewiesenen Race-Reifen, aber eine schöne Übung für den Umgang mit Tubeless-Ausstattung. Im Regen wurden also die Handschuhe übergestreift, um mich nicht mit Dichtmilch einzusauen und das Vorderrad mit einem Schlauch repariert. Schöne Sauerei, aber nungut.

Erfahrungen vom anderen Ende der Skala

Am anderen Ende der Auswahl gibt es Reifen, die derart fest und eng sind, dass man beim Aufziehen Angst haben muss, die Felge zu beschädigen. Der Frust mag in der Ruhe des heimischen Fahrradkellers noch wegzuatmen sein; aber spätestens wenn man beim nächsten Groupride seine durch die Dichtmilch nicht verschlossene Panne nicht mit einem Schlauch flicken kann, weil man den Reifen nicht mehr herunterbekommt, ist es aber vorbei mit der Ruhe. Glück hat, wer hoffentlich Patch und Tool auf die o.g. Einkaufliste geschrieben und eingepackt hat.

Speaking of Nervenkitzel: Dass man Handschuhe dabeihaben sollte, weil die Dichtmilch im Pannenfall die Flossen verklebt, ist das eine. Dass man Ventilkappen verwenden sollte, damit sich am Ventil durch Dichtmilchrückstände kein Dreck sammelt, ist auch noch verschmerzbar. Ätzender ist da schon eher, dass man mit einigen Dichtmilch-Fabrikaten keine CO2-Kartuschen verwenden soll, weil das Kohlendioxyd die Dichtmilch verklumpen lässt. In solchen Fällen braucht es also zusätzlich eine Pumpe. Und wer dann auch noch vor hat, die Milch regelmäßig zu wechseln, kann nur hoffen, dass seine Reifen einfach von der Felge gehen. Der Tipp, zum Rausziehen der Milch eine Spritze durch den Ventilschaft zu führen, ist leider nicht marktreif: Eine Nadel oder ein Schlauch, die oder der so dünn sind, dass sie durch den Ventilstumpf passen, setzen sich leider schnell mit der Dichtmilch zu… ist ja auch der Sinn der Dichtmilch.

Fazit

Ich habe das Kapitel Tubeless hinter mir gelassen trotz all der offensichtlichen Vorteile. Weniger Gewicht und sich automatisch verschließende kleine Löcher sind mir den allgemeinen Montage- und Wartungsaufwand nicht wert und da haben wir noch nicht mal vom Nervenkitzen gesprochen, der einen bei einer größeren Panne oder gar im Rennen heimsucht.

Und zum besseren Rollwiderstand sei auf die Kollegen von BRR verwiesen, die ausgemessen haben, dass ein Tubeless-Reifen mit Latex- oder TPU-Schlauch fast genauso gut rollt, wie einer mit Dichtmilch. Und das ganz ohne Aufregung.

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